Waldecker Spielzeugmuseum

SpielZeugen erzählen aus längst vergangener Zeit

Die Mehrgenerationenpuppenstube 


Auch das Hessische Fernsehen interessiert sich für die Geschichte von Elisabeth Zulauf. Auf dem Foto Elisabeth Zulauf mit dem Kamerateam.

Puppenstube aus Marburg, Elisabeth Zulauf erinnert sich:
Mein größter Wunsch als kleines Mädchen war, eine kleine Puppenküche für mich zum Spielen. Heute danke ich meinen Eltern noch, dass sie es wagten, unter Mithilfe von zwei Tanten, in der Inflationszeit der 20er-Jahre ein Einfamilienhaus am Stadtrand von Marburg zu bauen.Meine Eltern wollten nicht, dass ihre beiden Kinder in dem nicht allzu weit entfernt liegenden schmutzigen Sandkasten im Schülerpark spielen müssen. So bin ich als 3-Jährige am 01.01.1928 in das neue Haus eingezogen.

Im Frühjahr 1928 hat uns dann Vater einen großen Sandkasten gebaut, in dem wir Herzenslust spielen konnten. Mit Spielsachen wurden wir in den nächsten Jahren wahrlich, wegen des Geldes, nicht verwöhnt. So ungefähr mit sechs Jahren, ich weiß das Jahr nicht mehr genau, wünschte ich mir zu Weihnachten eine Puppenküche. Eine fertige Küche war viel zu teuer und so machte sich mein Vater und meine Lieblingstante ans Basteln, und zwar am Abend, wenn ich schlief. Die Rahmen für Küche und Schlafzimmer wurden aus Holz gesägt und dann zusammengeleimt und hiernach jedes Zimmer mit einer passenden Tapete bekleidet. Der Fußboden bestand aus einem Stück Stragula. Die kleinen Möbelteile und einiges mehr wurden dazugekauft. In der Küche hatte ich fließendes Wasser mit einem Waschbecken darunter. Fehlen durfte die sogenannte Wasserbank mit einem weißen Eimer nicht. Auch das elektrische Licht war vorhanden. Für die zwei kleinen Püppchen im Schlafzimmer nähte Tante die Kleidchen, Nachthemdchen und das Bettenzubehör. So waren auch Bettvorlagen aus Teppichresten vorhanden.

Nun die Frage, wohin mit den ganzen Teilen? Vater hatte die zündende Idee. Er holte die große weiß gestrichene Gartenbank herein, legte auf die Armstützen passende Spalierlatten und überdeckte diese mit weißen Bettlaken. So war für die Weihnachtsfeiertage das Rätsel gelöst. Nach dem Ende der Weihnachtsferien wurde dann alles wieder säuberlich verpackt und kam auf den Dachboden, um für das nächste Jahr wieder gebrauchsfähig zu sein.

Halt, soeben fällt mir hierzu noch eine Kleinigkeit ein, die ich bis heute nicht vergessen habe: Als ich an einem Weihnachtsabend in das Zimmer kam, fand ich mein kleines Püppchen im Nachthemdchen auf ihrem Nachttöpfchen sitzend, und als ich nachschauen will, war ein kleiner Klecks Senf darin. Die ganze Familie hatte großen Spaß damit. Nun komme ich zum Jahr 1934, ich war gerade 10 Jahre alt, kam ich in den Besitz dieser wunderschönen Puppenstube (Salon mit Fremdenzimmer) durch meine Patentante, die damals einen älteren Professor aus Marburg heiratete. Dessen Tochter aus erster Ehe, indessen auch schon über 50 Jahre alt, hatte keine Verwendung mehr dafür. So kann ich mir vorstellen, dass diese Puppenstube um 1890 gekauft wurde. Welch’ eine Freude ich an diesem Geschenk hatte, lässt sich denken, denn so etwas konnte man zu diesem Zeitpunkt nicht mehr kaufen. Angetan war ich von der ganzen Einrichtung, insbesondere von den handgedrechselten Möbelstücken und dem plüschbezogenen Sofa und den Stühlen, ein richtiger kleiner Kronleuchter, den mein Vater wieder zum Leuchten brachte. Auch erwähnen möchte ich in den großen Ständer mit der Büste von Kaiser Wilhelm.

Als ich 1949 heiratete, bekamen wir in unserem Elternhaus eine Wohnung. Es dauerte dann noch drei Jahre, bis unsere Sylvia auf die Welt kam. Als sie dann 3 oder 4 Jahre alt war, wurde zu Weihnachten das Puppenhaus wieder aufgebaut. Aus dem Fremdenzimmer wurde jetzt ein Herrenzimmer mit Clubsesselchen und Nierentisch und Radio. In der Küche fehlte noch ein überdimensionaler Kühlschrank und noch ein kleines Bad musste auch sein. Alles wurde auf dieser Bank noch untergebracht. Sylvia liebte ihre kleine Wohnung sehr und spielte mit großer Begeisterung. Auch hier vergingen die Jahre so schnell und mit dem Älterwerden wuchsen andere Pflichten. So wurden alle Sachen wieder zusammengepackt und harrten auf dem Dachboden der Dinge, die noch kommen sollten.“